Voice of the Customer (VoC) und User Experience (UX): zwei Begriffe, die sehr nahe liegen – oder etwa nicht? Wir beschreiben die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Begriffe, die je nach Branche unterschiedlich verwendet werden. Hier die Definition von CUSTOMERVOICE, dem Spezialisten für Voice of the Customer.
User Experience: Was ihr Produkt beim Kunden auslöst
In enger Definition: Die ISO 9241-210 mit dem schönen Titel „Prozess zur Gestaltung gebrauchstauglicher interaktiver Systeme“ beschränkt sich in Ihrer Definition auf ein Produkt. Dort heisst es, User Experience seien die „Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die sich bei der Benutzung oder der erwarteten Verwendung eines Produktes ergeben„. User Experience wird in dieser engen Definition meist im Zusammenhang mit der Nutzung einer Website gebraucht. Diese Definition der ISO schliesst damit auch das Kundenfeedback zu Dienstleistungen oder Services aus. Dabei lässt sich User Experience bei Dienstleistungen ebenso analysieren wie bei Waren und Industriegütern.
User Experience in weiter Definition: Der Begriff User Experience umfasst alle Aspekte der Interaktion eines Benutzers mit einer Firma, ihren Dienstleistungen oder ihren Produkten. Er beschreibt Erwartungen, Wahrnehmungen und Reaktionen, die vor, während und nach der eigentlichen Nutzung auftreten. Das beginnt mit der Wahrnehmung eines Firmenauftritts oder eines Produktes auf Werbeflächen oder einer Messe und reicht von den ersten Kontaktpunkten im Netz oder am Telefon über die Wahrnehmung des Bestellwesens bis hin zum Reklamationsablauf oder der Kündigung. Mit der weiten Definition der User Experience Methode holen sie sich also Feedback von bestehenden und potentiellen Kunden. Sie messen damit übergreifend die Performance der Kollegen aus Kundenservice, Marketing, Vertrieb, Produktentwicklung, Buchhaltung und Personalabteilung und können so zum Beispiel Ihr Geschäftsmodell zurechtrücken, Einblick in die Fremdwahrnehmung Ihrer Marke bekommen oder Anregungen für neue Services und Produkte erhalten.
Beide Definitionen analysieren auch Nutzer, die noch nicht Kunden sind. Feedback aus der Benutzung eines Produktes oder einer Dienstleistung können sie sogar von Anwendern erhalten, die nicht Teil Ihrer Zielgruppe sind. Ins Besondere bei der Gestaltung von Webseiten können durch User Experience auch sehr viele Nutzer gleichgzeitig in Ihrer Interaktion mit einem Produkt oder einer Dienstleistung analysiert und kundenindividuell angepasst werden. Google Analytics und Adobe Experience Manager aus der Adobe Marketing Cloud sind nur ein paar Tools, die dabei helfen.
Voice of the Customer: Was sich Kunden von neuen Produkten erwarten
Voice of the Customer umschreibt die Aufnahme von Kundenbedürfnissen. Der Kunde wird nach seinen Wünschen und Erwartungen zu zukünftigen Produkten oder Dienstleistungen befragt. Voice of the Customer erhalten sie durch Interviews (schriftlich oder persönlich), durch Auswertung von Reklamationen oder aus den Berichten der Servicetechniker, durch Feedback von Prototypentests oder indem sie Besuchsberichte des Aussendienstes analysieren. Voice of the Customer als Methodik bedient sich also der kumulierten Vergangenheitserfahrungen bestehender Kunden. Häufig wird in der Erhebung der Fokus auf die wichtigen und gewinnträchtigen Kunden gelegt, um sich bei der Ausgestaltung von Neuprodukten auf wenige, dafür geschäftsrelevante Kunden zu konzentrieren. Die Anzahl der befragten Kunden liegt bei Voice of the Customer meist zwischen 10 – 50. Die Stimme des Kunden wird sowohl direkt beim Kunden eingeholt als auch indirekt durch das in Abteilungen vorliegende Wissen abgefragt. Hierbei spricht man von der Voice of the Company. Das heißt, Kundenwünsche werden aus der Sicht der jeweiligen Abteilung wiedergegeben und damit zwangsläufig gefiltert und verändert. Das kann zum Beispiel die CRM-Datenbank aus dem Vertrieb sein, oder die Serviceberichte aus dem Kundenservice. Eine Filterung und Veränderung ist bei Voice of the Company explizit erwünscht, da Kundenerwartungen bereits mit den Firmen- oder Abteilungszielen angereichert werden. Die direkte Methode der Kundenbefragung wird weiter unterschieden in verbale VoC und non-verbale VoC. Verbal sind hierbei alle Methoden, in denen der Kunde seine Wünsche mündlich oder schriftlich selbst äußert. Non-Verbale Methoden sind Methoden, in denen der Datenerheber eigene Wahrnehmungen beim Kunden notiert. Dies passiert meist im Rahmen sog. empathischer Beobachtungen. Der Kunde wird also, ähnlich wie bei User Experience Tests, mit dem Produkt konfrontiert und bei der Verwendung beobachtet. Vorteil der nonverbalen Methode ist dabei, dass Verbesserungspotentiale erkannt werden können, die der Kunde selbst nicht formulieren könnte, oder deren Fehlen unbewusst akzeptiert wurde. Die Erkenntnisse aus Voice of the Customer sind also meist retrospektiv und basieren auf wenigen, dafür qualitativ sehr hochwertigen Quellen.
Da Voice of the Customer (VoC) ursprünglich ein Werkzeug der Qualitätsmethode Six Sigma ist, die den Kunden in die Produktentwicklung integrieren soll, werden VoC-Befragungen häufig benutzt um Anforderungen für neue Produkte oder Dienstleistungen einzuholen. Obwohl VoC theroetisch für alle Arten der Verbesserung durch Berücksichtigung von Kundenwünschen geeignet ist, beschränken sich die meisten VoC-Anwender also auf das Produkt. Dafür geht VoC natürlich viel stärker in die Tiefe, da es sich darauf konzentriert, zukünftige Kundenbedürfnisse abzufragen.
User Experience und Voice of the Customer: ein starkes Paar für die Produktentwicklung
Erfolgreiche Großkonzerne haben es bereits verinnerlicht: BOSCH und 3M sind nur ein paar Beispiele aus der Industrie die zeigen, dass User Experience (UX) und Voice of the Customer (VoC) nebeneinander und ergänzend verwendet werden sollen. Diese Firmen haben es sich zur Gewohnheit gemacht, Ergebnisse aus UX als eine Form der Stimme des Kunden (VoC) in die Produktentwicklung mit einfliessen zu lassen. Neue Produkte werden aus UX und VoC heraus entwickelt und eine verbesserte User Experience mit einfachen Prototypen abgeprüft. Durch diese mehrfachen Entwicklungsschleifen gelangt frühzeitig Kundenfeedback in die Produktentwicklung zurück.